22 April 2006

Streiks und Demos


Ja, man merkt, dass ich krank bin, gelle? So oft hab ich den letzten Monat nicht hier reingeschrieben! Jetzt nutz ich halt mal die Zeit, die ich zuhause rumhaenge (bzw. rumhaengen muss) und meine Mitbewohner nicht da sind und das Internet brauchen. Achja, ich hab ein bisschen was an den Einstellungen geaendert, man sieht jetzt immer nur noch zwei Eintraege pro Seite, den Rest findet ihr rechts unter "Previos Posts". Damit ihr auch nix verpasst, gell! ;-)
Nachtraeglich stell ich hier mal ein paar Bilder von der Uni rein. Ja, das ist wirklich die Uni, auch wenn es nicht danach aussieht...
Die komplette Uni (Gaenge, Hoersaele, Klos, alles) ist mit Plakaten und Graffittis tapeziert und man wird schon am Eingang mit Flugblaetter und Pamphleten ueberhaeuft...

Ausserdem gibts hier Staende mit Essen, Schreibzeug, Schmuck, gebrauchten Buechern, gebrannten CDs und DVDs... Alles was man an der Uni halt so braucht, gell?

Das hier ist das CEFyL, das Centro de Estudiantes de la Facultad de Filosofia y Letras. Wenn man in nem Seminar was lesen muss (und das muss man oft und viel!) fuehrt hier kein Weg dran vorbei. Kein Argentinier kauft sich irgendwelche Buecher, alle Texte, die man braucht, kann man hier kopiert kaufen. Aus den Listen, die ihr seht, muss man sich den Code des Textes raussuchen den man braucht, Nummer ziehen (auch hierin sind die Argentinier Weltmeister ;-)), warten bis man den Text bekommt und dann in der zweiten Schlange auf die Kasse warten. Geschickter Service, keine Frage, wenns nicht immer nur so lange dauern wuerde...

Und wenn jemand glaubt, dass der Marxismus ausgestorben ist, der wird hier vom Gegenteil ueberzeugt! Sehr links alles hier. Rechts oben findet ihr den Todfeind:

In jede Vorlesung kommt auch mindestens eine der vielen Studentengruppen um ihr Meinung kundzutun und zu einer Demo aufzurufen oder Unterschriftenlisten rumgehenzulassen. Ist im Moment auch die Hochzeit fuer sowas: vor ein paar Wochen war ja der 30. Jahrestag der letzten Militaerdiktatur, der ein grosser Streitpunkt war, vor allem die Art und Weise, wie mit der Erninnerung daran umgegangen wird, zum Beispiel, die Tatsache, dass der Tag des Militaerputsches dieses Jahr zum ersten Mal zum Feiertag ernannt wurde. Und im Moment streiken die Dozenten an den oeffentlichen Unis landesweit, unterstuetzt von den Studenten, fuer bessere Loehne (50% der Dozenten werden nicht bezahlt und der Rest bekommt laecherlich wenig). Das ist hier schon Tradition und jedes Semester dasselbe. Das heisst, ich hab grad ziemlich wenig Uni, weil es immer wieder Streiktage gibt, die dann meist auch die Tage sind, an denen ich Uni habe. Tja, bleibt mir schon mehr Zeit, die Stadt zu erkunden!
Der naechste Grund, auf die Barrikaden zu gehen: im Moment wird der neue Rektor der Uni gewaehlt, das passiert hier alle vier Jahre. Der Kandidat mit den besten Chancen heisst Alterini und war unter der letzten Militaerdiktatur Richter und hat da auch irgendeine mysterioese Rolle gespielt. Echt keine Ahnung, warum der die besten Aussichten hat. Auf jeden Fall mobilisiert so ziemlich die ganze Uni gegen ihn - d.h., die Studenten besetzten das Gebaeude, in dem die Versammlung zur Wahl stattfinden soll und verhindert so, dass ueberhaupt gewaehlt wird. Das ist jetzt schon dreimal passiert und so langsam beginnt die Suche nach Alternativkandidaten. Bleibt also spannend.
Ja, und auch sonst ist der Argentinier sehr streik- und demofreudig. Wenn hier nicht einmal am Tag fuer oder gegen irgendwas auf die Strasse gegangen wird, stimmt was nicht. Die Plaza de Mayo und der Obelisco sind die beliebtesten Plaetze dafuer, aber auch ne einfach Strasse tut´s. So geschehen letzte Woche an meinem Haus vorbei:


Demo der bolivianischen Arbeiter, die zum Teil unter uebelsten Bedingungen hier in Naehwerkstaetten arbeiten - der traurige Grund war, dass die Woche davor vier Bolivianer bei einem Brand in einer dieser Werkstaetten umgekommen sind.
Ja, ausserdem hat letzte Woche ein paar Tage lang die Subte gestreikt (siehe Bericht "Mendoza"...), was wirklich die Stadt lahmgelegt hat. Und auch so muss man sich nicht wundern, wenn man ploetzlich Trillerpfeiffen und Sprechchoere hoert und wenig spaeter ein Trupp Argentinier mit Plakaten bewaffnet um die Ecke kommt. Man kann hier echt schon fast von Streikkultur sprechen... ;-)

21 April 2006

Española

Tja, zurueck aus Mendoza hat´s mich auch gleich erwischt und ich liege mit ner fetten Erkaeltung im Bett rum und bin zu nicht so viel zu gebrauchen... :-( Ist ein bisschen aergerlich, weil Nina und ich gerade Besuch von Nina, Felix und Isi, drei Freunden aus Stuttgart, haben. Aber ich glaube, die drei amuesieren sich auch ohne mich ganz gut... Stimmt´s?
Trotz Krankheit hatte ich gestern mal ein tolles Erlebnis, ihr glaubt´s nicht! Ich bin zu so nem Tee-Laden um die Ecke gegangen um mir irgendnen Erkaeltungstee zu kaufen und hab dem Verkaeufer (Mann, warum gibts hier keine aehh-Taste?!) erklaert, was ich will. Die erste Frage war dann natuerlich, was ich denn hier in Buenos Aires mache und ich dachte mir schon wieder: Manno, super, dass jeder gleich nach dem ersten Wort checkt, dass ich Auslaenderin bin! Ich hab ihm dann halt so erzaehlt, dass ich hier studiere usw. und wir haben noch so ne Weile geredet, und zum Schluss fragt er mich so (Achtung, jetzt kommts!): Y dónde vivís en España? Was so viel heisst wie: Und wo wohnst du in Spanien? Yeah, ich haett den Typen knutschen koennen, der hat doch tatsaechlich gedacht, ich sei Spanierin und war echt erstaunt, als ich ihm erklaert hab, dass ich Deutsche bin! :-)
Die fragen hier aber auch immer gleich, ob man mal in Spanien war, wegen der Aussprache, und machen sich lustig darueber, dass man die "c"s wie das englische th ausspricht (wie in Spanien) und nicht wie "s", wie hier ueblich. Aber jetzt bin ich grade doch einfach mal ein kleines bisschen stolz!

20 April 2006

Mendoza

Hier bin ich mal wieder, ist schon wieder ne Weile her dass ich mich gemeldet habe, lo siento! Ich hoffe, ihr habt schoene Ostern gehabt! Hat´s Haesle au was glegt? Wir haben ja tatsaechlich auch Ostereier gesucht, aber bei den 25º, die es hatte, mussten wir aufpassen, dass sie uns nicht wegschmelzen, bevor sie gefunden wurden! ;-) Ich war ueber Ostern mit acht Freunden in Mendoza, dass ist eine Stadt nahe der chilenischen Grenze am Rande der Anden, der naechste Berg ist der Aconcagua, mit gut 6900 Metern der hoechste Berg Amerikas und sogar der hoechste Berg ausserhalb Asiens.
Bevor wir jedoch die beeindruckende Landschaft geniessen konnten, lagen 13 Stunden Busfahrt vor uns, und bevor wir in den Bus steigen konnten, lagen 2 1/2 Stunden Wartezeit am Busbahnhof auf den Bus vor uns, und bevor wir am Busbahnhof waren, sassen wir ueber eine Stunde im Taxi fuer eine Strecke, die normalerweise hoechstens 30 Minuten dauert... Ja, ihr hoert die Ironie... Alles dank des Streiks der Subte (so heisst hier die U-Bahn) und des Beginns des langen Wochenendes... Wenn die Subte nicht faehrt, ist hier die Hoelle auf den Strassen los, und die Warteschlangen an den Bushaltestellen werden bis zu 50 Meter lang (ja, die Argentinier stellen sich an, um in den Bus einzusteigen. Und wenn man das nicht auch so macht, kann es vorkommen, dass man sehr unfreundlich behandelt wird...) und es geht einfach gar nichts mehr. Die einzige Reaktion darauf: Huuupen, aber wie! Koennte ja sein, dass das dem Vordermann hilft, weiterzufahren in einer Strasse, die einfach nur vollgestopft ist! ;-) Wir sassen zwar wie auf Kohlen in dem Taxi, weil wir unseren Bus nicht verpassen wollten, aber teilweise wars einfach nur noch amuesant!
Tja, und wegen dem Verehrschaos ist dann auch unser Bus fast drei Stunden spaeter abgefahren. Eigentlich nicht sooo das Problem, wenn aber der Busbahnhof so voll ist mit Leuten, dass man sich kaum bewegen kann und man vor lauter Laerm kaum die Lautsprecheransage hoert, die einem sagen soll, WO denn nun genau der Bus faehrt... Hach ja, wir habens dann mal mit Humor genommen! :-)
Der Aufwand hat sich aber gelohnt: in Mendoza wars superschoen! Mendoza ist DAS Weinanbaugebiet Argentiniens, weswegen wir uns es natuerlich nicht haben nehmen lassen, eine kleine Radtour von Bodega (Weingut) zu Bodega zu machen und leckeren argentinischen Wein zu probieren! Das urige Restaurant, das ihr auf dem Foto seht, haben wir dabei auch nicht auf der Strecke liegen lassen, genausowenig wie die Schokofabrik (mmhhh!)!















Am naechsten Tag haben wir neun (acht Deutsche und eine Chilenin) uns dann einen Minivan samt Fahrer gemietet und sind um 7 Uhr morgens los in die Berge geduest. Die Anden sind so beeindruckend! Die Landschaft ist so wahnsinnig schoen, und alles ist so weit, unglaublich! Von saftigem gruen ueber steppenartige Gebiete bis zu Schnee ist da alles dabei! Ich koennte mir echt gut vorstellen, da mal laenger rumzuwandern! Wir waren auch ein bisschen wandern im Nationalpark Aconcagua und sind bis auf 3800 Meter zur chilenischen Grenze hochgefahren. Echt unbeschreiblich dort, aber seht selbst:















Ja, und den letzten Tag haben wir dann wie gesagt Ostereier suchend in einem echt tollen Park verbracht und uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen.

06 April 2006

Meine Wohnung

Heute gibts einen kleinen Rundgang durch meine neue Wohnung. "Neu" stimmt ja eigentlich schon nicht mehr wirklich, denn inzwischen bin ich fast drei Wochen hier und habe mich schon eingelebt. Das ist auch kein grosses Problem gewesen, denn sowohl die Wohnung als auch ihre Bewohner sind echt super! Es ist zwar ein bisschen laut, aber ich schaetze, das laesst sich hier in Buenos Aires nicht vermeiden... Anfangs wars ein bisschen gewoehnungsbeduerftig, im 7. Stock Bett zu liegen und das Gefuehl zu haben, dass der Bus direkt an der Balkontuer vorbeirauscht, aber gut... Inzwischen schlafe ich ohne Ohropax! Was auch nicht grade zur naechtlichen Ruhe beitraegt, sind die Krankenwagen - die Sirenen klingen wie wenn jemand den Baller-Ton aus einem Videospiel geklaut haette, echt abartig!
Aber wie gesagt, die Wohnung ist echt schoen und mein Zimmer auch! Wir wohnen im siebten Stock in einem Haus aus den 1920er Jahren, noch mit so einem alten Aufzug mit schmiedeeissernen Gittern... Ueberhaupt, um mal kurz vom Thema abzuschweifen, ich glaube hier gibt es die schoensten alten Gebaeude der Welt, sowohl von aussen als auch von innen. Aber ich glaube auch, dass sich in keinem anderen Land so wenig darum gekuemmert wird, die meisten sind einfach total runtergekommen und man kann nur noch erahnen, wie toll das alles mal ausgesehen haben muss. Das Sprachenzentrum der Uni ist z.B. im Gebaeude des ehemals besten Hotels von Buenos Aires. Der alte Tanzsaal ist jetzt Kiosk und Aufenthaltsraum und es haengen keine Kronleuchter mehr drin sondern Neonroehren. Aber das ist halt das Problem hier in Argentinien: no hay plata - es gibt kein Geld um irgendwas zu erhalten oder gar zu restaurieren.
Aber zurueck zu meiner Wohnung. Das hier ist mein Zimmer:

Der Balkon, der von meinem Zimmer abgeht und Blick auf die Strasse:














Wohn- und Esszimmer, Bad und die Rumpelkammer, in der ich grade am Computer sitze:












Von meinen Mitbewohnern hab ich noch keine Fotos, aber die kommen auch noch! Jorge und Fernando sind aber supernett und ich werde hier staendig mit allen moeglichen Infos ueber Buenos Aires, Lektionen in argentinischer Umgangssprache und mit leckerem Essen (im Kuehlschrank steht grad selbstgemachter Flan in den man sich reinlegen koennte) versorgt.