26 Juni 2006

"Vamos, vamos, Argentina!" oder "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!"


Auch hier in Argentinien hat die Fussball-WM natürlich schon längst Einzug gehalten, und das nicht gerade leise! Die Argentinienflaggen, die vom Unabhängigkeitstag eh schon aus allen Fenstern (seien es Haus- oder Taxifenster...) hingen, sind einfach mal dort geblieben, und inzwischen sind auch die Argentinier selbst blau-weiss... Sämtliche Strassenverkäufer haben sich auf Argentinientrikots, -flaggen, -hüte, -tröten, -ratschen, usw spezialisiert und machen damit ein Bombengeschäft! Argentinier sind an sich schon extrem fussballverrückt, aber jetzt drehen sie komplett durch! Jeder Laden und jedes Büro hat sich einen Fernseher zugelegt, damit die paar Armen, die bei einem Argentinienspiel arbeiten müssen (was nicht viele sein können, denn einige Geschäfte schliessen zu der Zeit) auch was davon mitkriegen! Für nix gibts hier Plata (=Geld), aber natürlich für Plasmafernseher zur WM... Tage, an denen Argentinien spielt, sind hier keine normalen Tage: es ist kein Witz, man merkt ernsthaft, wie nervös die Leute vor dem Spiel sind. Vor allem die Männer laufen wie Kinder ein Tag vor Weihnachten durch die Strassen - oder doch eher wie Kinder vor nem Zahnarztbesuch? Nach Spielanpfiff ist die Stadt wie ausgestorben - es sind kaum noch Leute unterwegs und Autos auch nicht... Die wenigen, die unterwegs sind, hupen ununterbrochen und haben das Radio auf voller Lautstärke laufen. Und bei jedem Tor gehts natürlich ab wie Sau! Ein Spiel hab ich mir nicht angeschaut, aber jedes der sechs Tore ist ohne Probleme bis zu mir in den siebten Stock gekommen! ;-) Und bei jedem Sieg geht hier natürlich Fiesta in der Stadt!



Bis jetzt hab ich ja Argentinien und Deutschland angefeuert, aber jetzt kommt es natürlich, wie es kommen musste: Deutschland spielt gegen Argentinien und wir Deutschen hier kommen in einen ernsthaften inneren Konflikt! ;-) Und die deutsch-argentinischen Freundschaften werden auf eine harte Probe gestellt! A ver was das am Freitag so gibt! Wenn Deutschland gewinnt, sollten wir uns vielleicht nicht zu laut freuen!
Die Deutschlandspiele haben wir uns bis jetzt im Goethe-Institut angeschaut, die werden dort im Kinosaal auf Grossleinwand übertragen und die Stimmung ist echt super! Neulich waren gleich mal Kamerateams von drei Fernsehsendern da und haben uns interviewt - Jutta und Rebecca sind doch tatsächlich in der Halbzeit live im argentinischen Fernsehen gewesen! ;-)

Unterstützung für Deutschland! Natürlich nix zu der Stimmung in Alemania... Wie gern würd ich jetzt mal kurz in Deutschland sein und ein bisschen WM-Stimmung mitbekommen... Die Argeninier können auch absolut nicht verstehen, was ich grade hier mache und erklären mich alle für verrückt, wenn ich ihnen erzähle, dass ich Deutsche bin und die Fussball-WM in Deutschland verpasse...

20 Juni 2006

Buenos Aires

Über sämtliche Reisen hab ich euch berichtet, aber eigentlich fehlen mal ein paar Bilder von Buenos Aires selbst! Ich hatte bis vor kurzem selbst kaum Fotos von der Stadt, aber ich habe den Besuch von Hannah genutzt und selbst nochmal einen auf Touristin gemacht. Wenn man jeden Tag an den ganzen Sehenswürdigkeiten vorbeirennt, dann wird das Besondere alltäglich und man denkt nicht mehr dran, Bilder zu machen. Aber hier kommen sie für euch: Eindrücke von Buenos Aires!


Die 9 de Julio, 18-spurige und damit angeblich breiteste Strasse der Welt! Einmal tags, einmal nachts mit dem Obelisco, dem Wahrzeichen von Buenos Aires.

Gebäude auf der Avenida de Mayo, die vom Kongressgebäude bis zum Präsidentenpalast führt. Das ist der ehemalige Prachtboulevard von Buenos Aires, und dementsprechende Gebäude stehen da auch noch - so gross, dass sie anders nicht aufs Foto passen!
Colectivo - die Wilde 17! ;-) Wilde ist hier so eine Vorstadt, aber das adjektiv wild passt auch zu den meisten anderen Bussen! Wenn hier viel europäisch ist, der Fahrstil ist lateinamerikanisch! Die meisten Busse sind so voll, dass man stehen muss, und die Haltestangen sind so hoch, dass ich mich nur unter Mühen festhalten kann - was den meisten Argentinierinnen auch nicht anders geht, weil die auch alle klein sind. Aber die Busfahrer haben anscheinend ihre Freude daran, die Leute durch ihren Bus fliegen zu sehen - von null auf hundert in ner halben Cuadra und dann alle zwei Cuadras innerhalb von 10 Metern wieder ne Vollbremsung... Macht Spass, sag ich euch!

Der Duft nach gebrannten Erdnüssen zieht hier durch alle Strassen... Alle paar Blöcke gibts diese Strassenverkäufer, die es einem verdammt schwer machen, einfach an ihnen vorbei zu laufen!

Mit solchen Schablonengraffittis ist Buenos Aires nur so voll! Und der Che ist auch omnipräsent! Nicht nur auf Bildern, sondern auch in der Umgangssprache: "che!" heisst so viel wie "hey!" oder "he du!" und wird von den Argentiniern ungefähr alle zwei Sätze benutzt! Daher hatte DER Che ja auch seinen Spitznamen.
Komischerweise kann ich grade keine Fotos mehr hochladen, weitere folgen also bei Gelegenheit!

15 Juni 2006

Viaje con Hannah

Ja, von meiner Reise mit Hannah bin ich zwar schon wieder gute zwei Wochen zurück, aber bevor ich hier was reinstellen konnte, musste ich warten, bis es der lang ersehnte Umschlag mit der Foto-CD von Hannah von Córdoba nach Buenos Aires geschafft hat. Die Batterie von meiner Kamera spinnt grad ein bisschen rum, deswegen konnt ich zwei Tage lang keine Fotos machen... Aber hier kommt er endlich, der Bericht + Fotos von meiner kleinen, aber dennoch grossen Reise mit Hannah... Klein, aber dennoch gross - was schreibt sie denn jetzt wieder für einen Mist, fragt ihr euch, stimmts? Klein, weil wir nur vier Tage unterwegs waren, gross, weil wir so wahnsinnig viel gesehen und erlebt haben: Concordia und die heissen Thermalquellen dort, die Wasserfälle von Iguazú, Brasilien, Urwald + Affen, das Dreiländereck Argentinien-Brasilien-Paraguay, die Jesuitenruinen von Posadas, und und und. Aber lieber langsam und von vorne:
Nachdem die Hannah (eine Freundin aus Passau, die gerade ein Jahr in Córdoba studiert) fünf Tage in BsAs war, sind wir zusammen von hier aus in Richtung Norden losgedüst. Unsere erste Station war Concordia, berühmt eigentlich nur für seine heissen Thermalquellen, die auch unser primäres Ziel dort waren. Da wir uns aber das lange Wochenende des argentinischen Unabhängigkeitstags (25. Mai) dafür ausgesucht haben, sind wir nicht drumrum gekommen, zur Plaza 25 de Mayo zu laufen (jede argentinische Stadt, sei sie auch noch so klein, hat eine Plaza 25 de Mayo oder Plaza 9 de Julio oder Plaza San Martín - nachdem die Argentinier am 25.Mai 1810 den spanischen Vizekönig abgesetzt haben, hat der Befreiungskämpfer José de San Martín dafür gesorgt, dass Argentinien am 9.Juli 1816 die Unabhängigkeit von Spanien erklärt hat - alles klar?) und einer Menge patriotischer Argentinier zuzusehen, wie sie Reden auf San Martín halten und andächtig die argentinische Fahne hissen, während die Nationalhymne von der Militärkapelle gespielt wird... Was das angeht, sind die Argentinier schon ein wenig eigen: auf ihre Unabhängigkeit sind sie sehr stolz und deswegen benehmen sie sich so, als ob sie sie erst letztes Jahr erlangt hätten! Die ganze Woche davor hat man schon beobachten können, wie die Strassen, Geschäfte und Autos langsam blau-weiss werden, und am 25. Mai wird man halt einfach mit "Feliz día patria" begrüsst...



Naja, war auf jeden Fall interessant. Interessant war auch, wie Hannah und ich DIE Attraktion waren mit unseren grossen Rucksäcken, die wir an dem Tag leider die ganze Zeit mit uns rumschleppen mussten. So viele Reisende verirren sich glaub ich nicht nach Concordia, also wurden wir mit grossen Augen angeschaut und immer wieder gefragt, was wir denn hier machen...
Nachmittags sind wir dann aber wirklich in die Thermen gegangen, und das war die Entspannung pur! Herrlisch, sag isch eusch! Muy caliente, pero muy relajante! Das war so ein richtiger Urlaubstag, vor allem nachdem nach einem eisigen Morgen plötzlich die Sonne angefangen hat zu knallen - wir sind in Bikinis (haha, mal wieder die gleichen...! Kleines Italien-deja-vu! ;-)) rumgelegen und doch tatsächlich braun geworden, obwohl wir uns am Tag davor in BsAs noch den A... abgefroren haben!


Am Abend haben wir uns dann in unseren luxuriösen Coche-Cama-Bus gesetzt bzw. gelegt und sind am nächsten Morgen in Iguazú aufgewacht. In Iguazú sind die berühmten Wasserfälle von Iguazú, die dort direkt an der Grenze zwischen Argentinien und Brasilien liegen, bzw ein Teil ist argentinisch, der andere brasilianisch. In Iguazú haben wir im Hostel zwei Freundinnen von Hannah aus Córdoba getroffen und sind gleich mal in den Nationalpark von Iguaçu, d.h., auf die brasilianische Seite der Wasserfälle gedüst, am nächsten Tag dann auf die argentinische Seite. So was von beeindruckend, sag ich euch! Unglaublich! Wasserfälle auf einer Länge von insgesamt fast drei Kilometern mitten im Urwald. Beim Picknick am Sandstrand einer Insel im Fluss mit Blick auf den
Wasserfall haben wir uns zeitweise wie im Paradies gefühlt...! Es folgen Fotos, in Worte ist das eh sehr schwer zu fassen, obwohl auch die Bilder nur ein müder Abklatsch der Realität sind - ihr müsst euch rauschende, tosende Wassermassen vorstellen und die feine Gischt spüren, die überall Regenbögen entstehen lässt...


Den Eintagestrip nach Brasilien hab ich dann auch dafür genutzt, mein Visum hier zu verlängern und ausserdem haben wir uns auch noch die brasilianische Grenzstadt Foz do Iguaçu angeschaut. Nichts wirklich besonderes, aber doch ganz anders als Argentinien. Man sollte nicht meinen, dass eine imaginäre Linie so viel Unterschied in Art und Mentalität der Menschen, Sprache, Essen und Trinken ausmacht. Haben wir natürlich gleich mal ausgenutzt: ich hab meine paar Brocken Portugiesisch an den Mann gebracht (Dona Isabel wäre stolz auf mich!) und wir haben wie die Kinder alle möglichen fremden Süssigkeiten und Früchte getestet! Bei einer Miniwanderung durch den Urwald haben wir Lianen gesehen und Affen, die über unseren Köpfen durch die Bäume geturnt sind!

Den Sonnenuntergang haben wir uns am Dreiländereck Argentinien-Brasilien-Paraguay angeschaut. Eigentlich nur ein Punkt in der Landschaft, andererseits doch das Gefühl, wirklich mitten in Lateinamerika zu sein!
Warten mit Mate macht mehr Spass!
Nach zwei Tagen Abenteuer an den Wasserfällen sind Hannah und ich wieder ein Stückchen in den Süden, nach Posadas, gefahren. Dort in der Nähe, in San Ignacio de Miní, gibt es sehr gut erhaltene Ruinen von den Jesuitensiedlungen, die im 17./18. Jahrhundert am Río Paraná entstanden sind. War ganz interessant - beeindruckender war aber die Landschaft: rote Erde und viel, viel wahnsinnig grüne Vegetation!


Das war echt das totale Kontrastprogramm zum europäischen BsAs - und hat einmal mehr gezeigt, wie vielfältig Argentinien ist! Eine super Reise, und die ganze Zeit ein Bombenwetter! Was man von den aktuellen Temperaturen nicht gerade behaupten kann: letzte Woche hat sich BsAs zwar mal kurz für zwei Tage in ne Saune verwandelt und ich bin im T-Shirt, schwitzend und mit nem Afro von der Luftfeuchtigkeit durch die Stadt gerannt, aber inzwischen ist hier der Herbst eingekehrt und nachts wirds teilweise schon arschkalt!