15 März 2006

Villa Gesell

Ich bin gerade in Villa Gesell ( sprich: Wischa Chésel), das ist ein kleiner Ferienort am Atlantik, etwa 400 Kilometer suedlich von Buenos Aires. Nach dem Reisestress und dem Stress bei der WOhnungssuche in dieser Riesenstadt haben wir uns gedacht, dass wir die letzte freie Woche bevor die Uni hier anfaengt nutzen und noch ein bisschen Urlaub machen. Tja, und so lagen wir jetzt schon zwei Tage total faul am argentinischen Strand in der Sonne und machen nicht viel ausser schlafen und lesen - immerhin sind diese Semesterferien ja auf diese eine WOche reduziert, da darf man das mal, oder? ;-) Heute regnets leider, deswegen schreib ich euch ja ueberhaupt - andernfalls haett ich mich nicht freiwillig vom Strand wegbewegt... ;-) Verzeiht mir! Wie wir hier wohnen ist der reinste Luxus - und das fuer fast nix! Wir haben uns nach einer Nacht in einem siffigen Hostel zu dritt ( mit NIna und Jutta) eine Ferienwohnung direkt am Strand gemietet - fuer 50 Pesos die Nacht, das sind pro Person etwa 5 Euro... Und die Wohnung ist wirklich huebsch und hat alles was man so braucht. Echt wahnsinn, fuer uns ist hier alles so billig!
Wie gesagt, hier ist alles viel entspannter als in Bs.As., die Stadt ist, auch wenn nicht grade schoen, huebsch uebersichtlich, die Gehwege sind aus Sand und die paar Autos dies hier gibt zuckeln mit 30 km/h durch die Straesschen - die koennen wahrscheinlich auch gar nicht anders, so wie die aussehen! Insgesamt ein ziemlicher Gegensatz zu Buenos Aires - dort bin ich die ersten Tage nur rumgehetzt: vom Hostel zur Uni, zu irgendwelchen schwarzen Brettern auf denen es angeblich WOhnungsanzeigen geben soll, zur Besichtigung von versifften WGs und von Casas de familia ohne wirkliche Privatsphaere... Casas de familia sind hier im Gegensatz zu WGs sowieso der Renner: jeder, der irgendein Zimmer in seiner WOhnung leerstehen hat, vermietet es an Studenten. Eigentlich ok, heisst aber, dass man halt nicht wirklich einfach machen kann, was man will... Und WGs scheinen hier sehr rar zu sein - alle, die ich kennen gelernt habe und die in einer WG wohnen, sind da ueber tausend Ecken und Beziehungen drangekommen. Tja, lange Rede, kurzer SInn: ich bin immer noch auf der Suche... Nervt mich zwar etwas, weil ich immer noch nicht das Gefuehl habe, richtig in BsAs angekommen zu sein, aber ich sollte wohl einfach etwas geduldiger sein! Es ist aber auch ein bisschen kompliziert, in BsAs rumzukommen. Das Strassensystem macht mich wahnsinnig und das Bussystem noch mehr! Die Strassen sind zwar in der gesamten Stadt huebsch quadratisch angeordnet, aber wenn man ein Strassenschild sieht, weiss man trotzdem nicht unbedingt, wo man ist: Es gibt eine Strasse mitten in der Stadt, von der alle Querstrassen abgehen, d.h., sie fangen dort an und gehen dann bis zum Ende der Stadt und heissen dann bis zu 15 Kilometer lang gleich. Deswegen kann auch kein Taxifahrer mit ner einzelnen Strasse was anfangen, man muss hier immer die naechstgelegene Querstrasse zur gewuenschten ADresse wissen, sonst kommt man nicht weit. Die Hausnummern gehen bis zu 4000 oder mehr - jeder Block beginnt mit dem naechsten Hunderter, egal ob in jedem Block ueberhaupt hundert Haeuser sind... Das sind die Strassen, die Busse (Colectivos) sind komplizierter. Hier gibt es keine so tollen Plaene, in die eingezeichnet ist, durch welche Strassen so ein Bus faehrt und wo er anhaelt. Es gibt ein richtiges kleines Buechlein, in dem man erst mal die Strasse suchen muss von der man losfaehrt. Auf einem kleinen Stadtplan sieht man dann, welche Busse alle in einem Umkreis von ungefaehr zehn Bloecken (cuadras) fahren. Dann sucht man die Strasse, in die man will und sieht wiederum, welche Busse in einem Umkreis von ca. 10 Bloecken fahren. Tja, und dann muss man schauen, ob da mindestens eine der tausend Buslinien die in BsAs so rumkurven, uebereinstimmt... WEnn ja, geht die Suche los, wo genau dieser Bus faehrt, wenn nicht - keine Ahnung, da bin ich noch nicht dahinter gekommen... Gottseidank sind die Argentinier so hilfsbereit - die setzten einen schon mal direkt in den Bus, sagen dem Busfahrer, wo man aussteigen muss (auch so ne Sache: man muss staendig nach draussen auf die Strassennamen schauen, wo man grade ist und dann rechtzeitig aussteigen) und geben einem auch noch das noetige Muenzgeld fuer den Automaten, wenn man vor lauter Ueberforderung nicht auch noch daran gedacht hat...
Und auch so sind die Argentinier wahnsinnig herzlich. Z.B. der nette Kiosk-/Locutoriobesitzer in BsAs direkt neben dem Hostel, bei dem wir immer nach Wohnungen telefonieren und der uns mit der Wohnungsseite aus der Tageszeitung versorgt und sich immer erkundigt, ob wir schon was gefunden haben. Oder die Familie, neben der wir im Bus nach Villa Gesell gesessen sind, die wir am naechsten morgen zufaellig am Strand und abends wieder zufaellig auf so nem Artesanomarkt wiedergetroffen haben - bis wir dann abends gemuetlich in deren Apartamento sassen und sie uns beigebracht haben, wie man den Mate, das Nationalgetraenk der Argentinier, richtig zubereitet. Unser eigener Versuch ist naemlich klaeglich gescheitert... Sie haben uns dann auch gleich ein kleines Mate (das Gefaess, aus dem getrunken wird) und eine Bombilla (das "Roehrchen") geschenkt - mit dem Versprechen, dass wir, wenn wir sie in BsAs besuchen kommen und der Vater fuer uns asado grillt, ein groesseres bekommen. Echt Wahnsinn, wie offen und herzlich die alle sind, ohne jedes VOrurteil und total interessiert daran was wir hier denn machen als DEutsche und auch echt begeistert, dass wir zum Studieren in ihr Land kommen.
Auch wenn ich mit der Wohnungssuche noch nicht so erfolgreich war, bin ich wenigstens mal an der Uni eingeschrieben. ICh hab mich ja in der ersten Woche hier wieder wie ein kleiner Quietschie gefuehlt, der von nichts ne Ahnung hat... War ein bisschen kompliziert, die Kurse auszuwaehlen, weil das hier alles anders funktioniert als in Deutschland. Eigentlich kann man auch nur bis zu zwei Kurse ernsthaft belegen, weil die hier pro Woche 4-6 Stunden pro Kurs haben und man wahnsinnig viel dafuer lesen muss - und das dann alles auf spanisch... Ich bin mal gespannt. Ich mach jetzt mal einen Kurs "Aktuelle Probleme LAteinamerikas" und "Lateinamerikanische (oder Argentinische) Literatur" - muss mal noch schauen, was sich so alles bewaeltigen laesst! ZUm Glueck haben sich so ein paar Argentinier unser angenommen und uns alles mal erklaert, sonst waeren wir eventuell leicht aufgeschmissen gewesen - wenn Bueros staendig zuhaben, wo man aber die Programme fuer die Kurse bekommt usw.... Naja, ich koennt euch noch GEschichten erzaehlen, aber so langsam reichts glaub ich, sonst langweilt ihr euch nur und wollt das ganze halbe Jahr nix mehr von mir lesen...